Dres.med. Andreas Spiegl, Agnes Bitterlich; Ulrike Plail, Alexander Baur
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Einleitung

Hydrotherapie umfaßt die Therapien durch äußere Anwendungen von Wasser. Sie ist die bekannteste Säule der Kneipp-Therapie. Dieses ganzheitliche Therapiekonzept wurde von dem Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897) aus Bad Wörishofen entwickelt und umfaßt zusätzlich Ordungstherapie, Ernährungstherapie, Bewegungstherapie und Phytotherapie (Behandlung mit Pflanzen).

Die Hydrotherapie kann angewendet werden zur

  • zur Stärkung des Immunsystems
  • Behandlung von zu hohem oder zu niedrigem Blutdruck
  • arterielle Durchblutungsstörungen (pAVK)
  • Krampfadern
  • Erkrankungen der Atemwege
  • nervösen Störungen, insbesondere Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • Verdauungsstörungen

Kontraindiziert ist die Hydrotherapie bei

  • akuten schweren Erkrankungen
  • operationsbedürftigen Krankheitsbildern

Zusammengefaßt erleichtert die Hydrotherapie, über längere Zeit durchgeführt, eine Vielzahl von Beschwerden, steigert die Immunabwehr, verbessert die tägliche Leistungsfähigkeit und erhöht daher die Lebensqualität.

Wasseranwendungen

Wasser leitet Wärme um ein Vielfaches besser als Luft. Daher ist es sehr gut geeignet um Wärme- und Kältereize zu vermitteln.
Man unterscheidet die Anwendungen grob nach ihrer Reizintensität in 3 Gruppen. Anwendungen mit mildem hydrotherapeutischem Reiz können mehrfach täglich angewendet. Sie regulieren die Lebensfunktionen. Anwendungen mit mittelstarkem hydrotherapeutischem Reiz sollten nur einmal täglich angewandt werden, solche mit starkem hydrotherapeutischem Reiz maximal 2-3 mal pro Woche. Die Anwendungen mit mittelstarkem und starkem Reiz aktivieren bei längerfristiger Verabreichung u.a. das Immunsystem.

milde hydrotherapeutische Reize mittelstarke hydrotherapeutische Reize starke hydrotherapeutische Reize
  • Waschungen, Bürstungen und Abreibungen
  • ansteigende Fuß- und Unterarmbäder
  • kalte Kniegüsse, Gesichtsgüsse, und Armgüsse
  • Wasser treten
  • Wickel bis zum Umfang eines Brustwickels
  • feuchte Auflagen
  • Kopfdampfbad
  • ansteigende Teilbäder
  • Bürsten
  • wechselwarme Sitzbäder
  • Rumpfwickel
  • Sauna
  • Überwärmungsbad
  • Vollguß
  • 3/4- oder Ganzpackung

Grundregeln der Hydrotherapie nach Vogler

  • Keine kalten Anwendungen für einen kalten Körperteil oder frierenden Menschen. Die Füße müssen mindestens so warm wie die Stirn sein. Nch Kneipp ist als einzige Ausnahme einekuze Anwendung der Füße mit sehr kalten Reizen erlaubt (z.B. Schneetreten).
  • kalte Körperteile durch langsam ansteigende Anwendungen erwärmen. Kalte Körperanteile können gut mit kalten Anwendungen behandelt werden.
  • Den Wärmehaushalt des gesamten Körpers berücksichtigen
  • in kalter Prießnitz-Wickel muß nach spätestens 10min erwärmt sein.
  • Vor Anwendungen der Reizstärke mittelstark und stark sollen Blase und Darm entleert sein. Mindestens 2 Stunden vor diesen Anwendungen keine größere Mahlzeit zu sich nehmen
  • Anwendungen gut vorbereiten, so daß währnd der Anwendugen keine fehlenden Hilfsmittel geholt werden müssen.
  • Die Umgebung sollte frisch belüftet und gut temperiert sein.
  • Eine ansteigende oder warme Anwendung sollte durch eine kalte Anwendung abgeschlossen werden, um die Kapillaren wieder eng zu stellen.
  • Während der Menstruation keine Anwendungen durchführen, die die untere Körperhälfte betreffen.

Welche Anwendung zu welchem Zweck?

Man unterscheidet folgende Anwendungen:

  • Wickel, die nach Priesnitz eingeteilt werden

Im folgenden sind zu einigen Befindlichkeitsstörungen hydrotherapeutische Anwendungen aufgeführt. Diese Zusammenschau zeigt nur mögliche Anwendungsmöglichkeiten. Vor der Anwendung sollte auf jeden Fall eine schwerwiegendere Erkrankung ausgeschlossen werden. Daher empfehlen wir vor einer hydrotherapeutischen Behandlung Rücksprache mit uns zu halten.

Anwendungsmöglichkeiten – bitte zuerst Rücksprache mit der Praxis halten
Beschwerden, Anwendungsziel
Anwendungen Reiz
Bemerkung
chron. Atemwegserkrankung (“Asthma”)
ansteigende Arm- und Fußbäder +++
heiße Prießnitz-Brustwickel +
heiße Kompressen für Rücken und Brust +
Halbbäder ++
Sauna ++
Bäderzusatz: Thymian, Latschenkiefer, Fichtennadeln mit anschließendem Rückenguß
Blähungen
heiße Prießnitz-Leibwickel ++
Sitzbäder ++
wechselwarme Fußbäder +
eventuell mit Kümmelöl einreiben
Blasenentzündung
ansteigende Fußbäder +
warme Sitzbäder ++
Kamillen-T-Wickel +
Sauna ++
bei rez. Infekten Ordungstherapie
Bluthochdruck
Vollbad +++
wechselwarme-kühle Waschungen ++
wechselwarme Güsse +
Sauna ++
Zusätze: Baldrian, Lavendel oder Melisse
nicht zu lange heiß baden, da dies das Herz belastet
Blutdruck, niedriger
Wassertreten +
kalte Waschungen mit anschließendem Frottieren +
kühl-kalte Arm-Bein-Rumpfgüsse mit anschließendem Frottieren ++
Sauna ++
Zusätze: Fichtennadeln, Kalmus, Eukalyptus, Rosmarin (morgends)
Sport, viel Bewegung, regelmäßiges Essen, viel trinken
Bronchitis ohne Fieber
ansteigende Arm- und Fußbäder +
heiße Prießnitz-Brustwickel ++
Kopfdampfbad +
Thoraxauflagen (nur chron. Bronchitis) ++
Sauna (nur chron. Bronchitis) ++
Zusätze: Kamille bei fließendem Schnupfen, Thymian
Bei chronischer Bronchitis Thoraxauflagen mit Senfmehl, Kartoffelbrei, Heublumen
Bronchitis mit Fieber
kalte Prießnitz-Hals-Brust-Wadenwickel +
Ganzwaschungen +
Zusätze: Kamille bei fließendem Schnupfen, Thymian
Ekzem
Teilbad +
wechselwarme Waschungen +
bei Juckreiz Milch- oder Molkezusatz
Hautpflege mit Kamille, Ölböder mit Soja, Rosmarinöl
bei exsudativem Ekzem Heilerdwickel, Schwarzteeumschläge, Solebäder
trockene Haut: fette Externa
nässende und überwärmte Haut: feuchte Externa, Eichenrinde, Kamille
Entzündungen an Haut und Gelenken
kalte Quarkauflage +
kalte Prießnitz-Halswickel +
kalte Lehmpackungen +
akute Entzündung kalt behandeln,
Erkältung, beginnend
ansteigendes Fußbad +++
Halbbad warm ++
Zusatz: Thymian
Erschöpfung
Wassertreten +
Trockenbürsten ++
Sauna ++
Zusätze: Melisse, Baldrian, Fichtennadeln
Fieber
kalte Prießnitz-Wadenwickel +
Ganzwaschungen +
Zusätze: kühlende Anwendungen nach Wärmebedürfnis, d.h. im Fieberanstieg zurückhaltend
Halsschmerzen
Prießnitz-Halswickel +
Zusätze: Quark, meist kalte Wickel, bei bedarf aber auch warm
Hämorrhoiden
kalte Sitzbäder, absteigend ++
abends T-Wickel, liegen lassen über Nacht ++
mehrmals täglich kalte Waschungen des Afters +
Zusätze: Roßkastanie, Zinnkraut, Eichenrinde
Immunstimulation
täglich kalte Güsse ++
Sauna ++
nur die regelmäßige und dauerhafte Anwendung (über Monate) steigert die Immunabwehr
Kopfschmerzen, Migräne, akut
heiß-feuchte Nackenumschläge +
kalte Unterarm-Tauchbäder ++
auf warme Füße achten, ggf. ansteigendes Fußbad
Kopfschmerzen, Migräne, im Intervall
Kneipp-Kniegüsse +
Gesichtsgüsse +
wechselwarme bis Kaltwaschungen +
Sauna ++
Ziel: Gefäßtraining und Reduzierung des Muskeltonus
Krampfadern
kalter Schenkelguß +
kühle Kneipp-Strümpfe +
kalter Prießnitz Wadenwickel mit kurzer Liegedauer +
Wickelzusatz: Lehm, Quark
Menstruationsbeschwerden
ansteigende Fußbäder +
prämenstruell ansteigende Sitzbäder ++
Halb- oder Vollbäder mit Melisse ++
warme Leibkompresse +
Wickelzusatz: Lehm, Quark
Rheuma mit akuter Entzündung
kalte Quarkauflage +
kalte Prießnitz-Wickel +
kalte Lehmpackungen +
wechselwarme bis kalte Waschungen ++
akute Entzündung kalt behandeln
Rheuma ohne akute Entzündung
warmer Heublumensack +++
warme Fangopackungen +++
Sitzbad warm +
feucht-warmer Gelenkwickel ++
während der warmen Anwendung die Gelenke bewegen
Rückenschmerzen
warmer Heublumensack +++
warme Fangopackungen +++
Sitzbad warm +
Lumbalguß +++
nach Anwendung keine Zugluft!!!
Schlafstörungen – Einschlafstörung
Halbbad ++
Rumpfwickel ++
kalte Unterkörperwaschung +
nicht zu lange und zu heiß baden,
Zusatz: Melisse
Schlafstörungen – Durchschlafstörung
Unterkörperwaschung ++
Wechsel-Schenkelguß ++
auch mehrfach nachts durchführen
Ordnungstherapie
Venenleiden, schwere müde Beine
kalter Schenkelguß +
kühle Kneipp-Strümpfe +
kalter Prießnitz Wadenwickel mit kurzer Liegedauer +
Wasser/Tau-Treten ++
Wickelzusatz: Lehm, Quark
Verstopfung
Unterkörperwaschung +
kalter Prießnitz-Leibwickel +++
Kniegüsse ++
kalte Fuß- und Halbbäder ++
die Anwendungen fördern die Verdauung
Wechseljahresbeschwerden
Sauna ++
Wechselsitzbad +++

 

Aktuelles

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